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Moderne Herausforderungen verstehen und meistern

Neuberufung: Prof. Dr. Philip Born im Gespräch

Dr. Philip Born wurde zum 01. September an die Jade Hochschule berufen. Als Professor für Physik und Lasertechnik lehrt und forscht er künftig im Fachbereichen Ingenieurwissenschaften am Campus Wilhelmshaven. Die Jade Welt (JW) fragt nach…

JW: Herr Born, was hat Sie zum Wechsel an die Jade Hochschule bewogen?

Born: Das engagierte und sympathische Kollegium, das ich im Berufungsverfahren kennengelernt habe! Während der Tätigkeit am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt war die Ausbildung von Studierenden und die Begleitung von neugierigen jungen Menschen in Abschluss- oder Projektarbeiten meine größte Freude, doch leider konnte ich dies nie in den Fokus meiner Tätigkeit stellen. Eine Professur anzustreben war da eine natürliche Wahl.

Ich befand mich in mehreren Berufungsverfahren, aber ich fühlte mich menschlich an der Jade Hochschule einfach am besten ‚gematcht‘. Die exzellente Kompetenz der Mitarbeitenden und die solide Ausstattung der Labore - gerade im Bereich Optik und Mikrofertigung - geben mir das Gefühl, dass es eine gute Entscheidung war.

Prof. Dr. Philip Born (Foto: privat)
Prof. Dr. Philip Born (Foto: privat)

JW: Mit welchen Erwartungen und Vorstellungen treten Sie die Professur an?

Born: Ich hege die Hoffnung, mich selber weiter entwickeln zu können und einen kleinen Beitrag zum Funktionieren dieser Gesellschaft leisten zu können. Es macht mir unglaublich Freude, mich in komplexe Themen einzuarbeiten, um diese Themen dann verständlich aufzuarbeiten und anderen Menschen einen Zugang dazu zu ermöglichen. Gerade die Grundlagenausbildung in Physik legt das Fundament zu einem selbstbestimmten Leben in einer durchtechnologisierten Welt und hilft, die modernen Herausforderungen zu verstehen und so auch zu meistern.

Wir brauchen herausragende Expertinnen und Experten für Themen wie Klimawandel, Energiewende und Digitalisierung.

Aber damit diese mit ihrer Arbeit und ihren Lösungsvorschlägen für die Zukunft die Menschen auch mitnehmen können und die Gesellschaft die notwendigen Änderungen mittragen kann, brauchen wir eine breite Streuung des Wissens über die Grundlagen und die Zusammenhänge. Hochschullehrende sind da als Multiplikatoren gefordert, aber noch viel mehr gut ausgebildete Hochschulabsolvierende, die ihre Expertise und ihre fundierten, wissensbasierten Meinungen in die Breite der Gesellschaft einbringen.

Zudem ist es mein Ziel, den idealisierten Verbund aus Lehre und Forschung mit Leben zu füllen. Wie Volker Ladenthin es ausdrückte: „Jede wissenschaftliche Lehre setzt eigenes Forschen voraus, sonst wäre sie Lehre vom Hörensagen.“ Um den Studierenden konsequent und kompetent Wissen vermitteln zu können, muss auch eine praktische Tätigkeit mit dem vermittelten Thema verbunden werden. Meine Kompetenzen auf dem Gebiet der Optik und Messtechnik einzubringen und im Team der Jade Hochschule Forschung auf hohem Niveau durchzuführen, ist eine attraktive Vorstellung.

JW: Welche Schwerpunkte möchten Sie in Lehre und Forschung setzen?

Born: In der Lehre möchte ich, klar, eine hochwertige Ausbildung in den physikalischen Grundlagen der Ingenieursdisziplinen am Fachbereich Ingenieurwissenschaften liefern. Eine solche hochwertige Ausbildung muss Studierende effizient an die Themen ihrer Studiengänge heranführen und gleichzeitig das verbindende und disziplinübergreifende Wesen der Physik herausstellen. In den Formeln und den Vokabeln der Physik haben alle Ingenieursdisziplinen und die Naturwissenschaften eine gemeinsame Sprache gefunden. Diese abstrakte Erkenntnis hat ihren ganz praktischen Nutzen, wenn man im Berufsalltag in interdisziplinären Projektteams effizient kommunizieren und zusammenarbeiten muss. Ich denke, dass man dieses Ziel durch gut strukturierte allgemeine Grundlagenvorlesungen im Zusammenspiel mit an die einzelnen Curricula angepassten Laborversuchen erreichen kann.

Als ein konkretes Lehrziel habe ich mir zudem gesetzt, dem Rechnen mit Größen und Einheiten einen größeren Raum zu geben. Nur wenige Menschen haben ein intuitives Verständnis für Größenangaben wie Mega-, Giga- oder Terawatt installierter Kraftwerksleistung oder für Rücklagen in Billionen- oder Schulden in Billiardenhöhe. Diese Zahlen aus dem Abstrakten zu holen und in ein intuitives Verständnis zu verwandeln, ist eminent wichtig für ein Verständnis unserer Zeit. Handliche Umrechnungsfaktoren zur Hand zu haben, spielt dabei eine entscheidende Rolle.

Mein Fachgebiet ist die laserbasierte optische Messtechnik. Laser haben einige technologische Revolutionen ausgelöst, in der Materialbearbeitung und der Lithografie, in der Nachrichtentechnik, in den Quantentechnologien. Aber Laser ermöglichen auch in der ältesten Aufgabe der Optik, der Erweiterung der sinnlichen Erfahrung unserer Umwelt, neue Ansätze. Mit Laserlicht kann man kleinste Partikel analysieren, subzelluläre Strukturen auflösen und chemisch analysieren oder ganze Landschaften kartografieren. Laserbasierte Messtechnik ist aus den Lebenswissenschaften und der Fernerkundung nicht mehr wegzudenken.

Mich interessiert insbesondere die optische Materialanalytik. Es gibt die sogenannten weichen Materialien, beispielsweise Schäume, Gele oder Kolloide. Diese Materialien sind weich, also um viele Größenordnungen weniger hart als etwa Metalle oder Keramiken. Sie haben viele technologische Anwendungen, gerade im Bereich der Nahrungsmittelindustrie und der Verfahrenstechnik, sie sind aber auch aus fundamentaler Sicht sehr spannend. In weicher Materie kann man Prozesse, die in harter Materie entweder sehr lange dauern oder sehr schnell gehen, das Fließverhalten und das Versagen eines Bauteils etwa, auf Längen- und Zeitskalen strecken oder komprimieren, die mit optischen Methoden sehr gut zu analysieren sind. Insbesondere sind die Prozesse optisch auf der Ebene der einzelnen Bausteine zu verfolgen, was auf der Ebene der Atome konventioneller Materialien sehr herausfordernd ist.

Es gibt im Fachbereich Ingenieurwissenschaften schon Exzellenz im Bereich der Entwicklung und des Baus optischer Instrumente. Diese Exzellenz will ich mit meinem Wissen über weiche Materie, Datenauswertemethoden und statistische Optik erhalten und ausbauen. Dabei möchte ich optische Diagnostiken für Themen wie die komplexe Rheologie nicht-Newtonscher Flüssigkeiten, die Analytik von Sedimenten und die Diagenese, oder - wir haben es ja gleich vor der Haustür - die Analyse des komplexen Kolloids Meerwasser, zusammengesetzt aus natürlichen und anthropogenen Schwebstoffen und aktiven biologischen Mikroschwimmern, etablieren.

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