Netzwerk „Vitalmonitoring“: Schnittstelle zwischen Gesundheitswirtschaft und Technologie-Unternehmen

Prof. Dr. Nick Rüssmeier im Gespräch über neue Methoden zur mobilen Erfassung von Vitalparametern

Jade Welt (JW): Herr Prof. Dr. Rüssmeier, Sie vertreten die Jade Hochschule im Netzwerk „Vitalmonitoring“. Zu welchem Zweck hat sich das Netzwerk zusammengefunden?

Rüssmeier: Das Gesundheitswesen steht vor gewaltigen Herausforderungen: Die alternde Gesellschaft trifft auf Engpässe im Pflegebereich, sowohl beim Personal als auch bei der Ausstattung. Diese Problematik ist allen Akteuren bewusst. Es fehlt jedoch eine Schnittstelle zwischen der Gesundheitswirtschaft und den technologieorientierten Unternehmen, die Lösungen für die Pflege und die Therapie erarbeiten zu können. Das Netzwerk „Vitalmonitoring“ dient hierbei als Plattform für die Identifikation von Bedarfen und technischen Möglichkeiten. Dieses lösungsorientierte Vorgehen wird begleitet durch Designer und Experten der regulatorischen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen.

Prof. Dr. Nick Rüssmeiner möchte seine anwendungsnahen Forschungsaktivitäten des Engineerings von optischen Sensoren und mobilen Sensorsystemen gemeinsam mit den Unternehmen weiterentwickeln. (Foto: Jade HS)
Prof. Dr. Nick Rüssmeiner möchte seine anwendungsnahen Forschungsaktivitäten des Engineerings von optischen Sensoren und mobilen Sensorsystemen gemeinsam mit den Unternehmen weiterentwickeln. (Foto: Jade HS)

JW: Welche konkreten Themen werden dort aktuell bearbeitet?

Rüssmeier: Zunächst werden die Bedarfe aus der Gesellschaft und Unternehmen mit den technischen Möglichkeiten abgeglichen. Der Stand der Technik und der Stand der Forschung werden ermittelt, dabei sind wir als Forschungspartner maßgeblich in die ersten Konzept-Entwicklungsschritte involviert. Hierzu werden mehrere (derzeit online) stattfindende Treffen mit allen Netzwerkpartnern durchgeführt. Erste Recherchen zum Markt und zur Wettbewerbssituation führen dann zu konkreten Entwicklungsprojekten. Eine technische Grundlage für viele Methoden zur mobilen Erfassung von Vitalparametern beispielsweise ist die hochintegrierte und miniaturisierte Sensorik, die in „wearables“ wie einer Smartwatch oder Datenbrille am Körper des Benutzers getragen wird. Im Netzwerk finden sich Partner, die geeignete Sensortechnik entwickeln können.
Die Erfassung, Auswertung und Visualisierung der Daten erfordern eine sichere Übertragungstechnik und Software zur Darstellung der Daten. Dabei sind sowohl Programme für Experten (zum Beispiel den behandelnden Arzt) als auch für den Patienten (zum Beispiel eine Handy-App) angezielt. Durch diese Technik wird das Telemonitoring physiologischer Parameter möglich. Auch die Prävention und die Ferntherapie kann über diese Technik ermöglicht werden. Am Netzwerk nehmen Partner teil, die über entsprechende Kompetenzen verfügen.
Sensorik und Darstellung im Vitalbereich findet nahe am Menschen statt. Daher ergeben sich andere Anforderungen: Tragekomfort, Bedienbarkeit, Hygiene sind beispielsweise wichtige Faktoren, die die Akzeptanz der Technologie und damit die Marktchancen bestimmen. Auch diese Aspekte werden im Netzwerk bearbeitet.

JW: Warum engagieren Sie sich in diesem Netzwerk?

Rüssmeier: Um aktuelle Themen der Unternehmen aufzugreifen und eine langfristige Zusammenarbeit zu etablieren ist dieses Netzwerk gut geeignet. Meine anwendungsnahen Forschungsaktivitäten des Engineerings von optischen Sensoren und mobilen Sensorsystemen möchte ich gemeinsam mit den Unternehmen weiterentwickeln und den Technologietransfer von der Hochschule unterstützen. Dabei bietet mir das ZIM-Netzwerk einerseits Marktorientierung und auch neue interessante Kontakte. Zudem sehe ich einen Mehrwert für meine Forschung und natürlich auch für die Ausbildung an der Hochschule.

JW: Welche Expertise kann die Jade Hochschule beisteuern?

Rüssmeier: Als Forschungspartner im ZIM-Netzwerk bieten wir für die Unternehmen einen Aufgabenquerschnitt der anwendungsnahen Forschungs- und Entwicklung. Die Jade Hochschule kann hierbei auch neue Anwendungsfelder der Mechatronik, Medizintechnik, Meerestechnik, Umweltanalytik und Fernerkundung mit einbringen. Etablierte und auch neue optische Sensorik sowie Wege in der Datenverarbeitung und -darstellung können beispielsweise später in die Anwendung überführt werden. Um neue Möglichkeiten für das Monitoring von Vitalfunktionen und Anwendungen mit Akzeptanz zu identifizieren arbeiten die „technischen Experten“ Hand in Hand mit Experten aus Gesundheitsberufen und der Medizin.

Über das Netzwerk

Das Netzwerk Vitalmonitoring ist ein Projekt des „Zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM)“ und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Interessierte sind herzlich eingeladen im Netzwerk mitzuarbeiten. Kontakt: Prof. Dr. Nick Rüssmeier: Tel. 04421 985 - 2890, Email: ruessmeier@jade-hs.de

Ansprechpartnerin in der Redaktion

  • Katrin Keller
    Katrin Keller

    katrin.keller@jade-hs.de